Niemand sagt dir Bescheid, wenn eine der Personen, die dir sehr nahesteht, in einen Abgrund voller Leere und tiefer Traurigkeit gefallen ist. Und egal, wie sehr du dich anstrengst, reine Willenskraft wird nicht reichen, um ihr dort wieder herauszuhelfen. Vor allem am Anfang wird es Zeiten geben, in denen du dich hilflos fühlst. Du wirst dich fragen: „Was soll ich jetzt tun?“, „Kann ich mich irgendwie nützlich machen?“ oder „Was, wenn ich auch abrutsche?“
Woran man eine depressive Störung erkennen kann
Nach derzeitigen Diagnosestandards spricht man von einer schweren depressiven Störung, wenn die aufgeführten Symptome über einen längeren Zeitraum auftreten: Wenn Menschen, die uns nahestehen, anfangen, tagsüber viel zu schlafen, wenn sie weniger ausgehen als sonst, wenn sie sich zurückziehen, wenn sie sich unzulänglich fühlen und nicht mehr in der Lage sind, die Aufgaben zu bewältigen, die sie immer bewältigt haben, wenn sie ihre Lebenskraft verlieren, dann sind das Anzeichen, die uns aufhören lassen sollten. Etwas, worauf man sich unbedingt konzentrieren sollte, ist der Person die Vorstellung zu nehmen, dass sie allein zurechtkommt. Oder dass die Depression einfach nur durch eine Verschlimmerung ihrer Charakterschwächen kommt. Depressionen sind eine Störung der Gehirnchemie, und deshalb ist eine ärztliche Behandlung notwendig.
Wie man eine ärztliche Behandlung vorschlägt
Falls die Person sich nicht direkt mit der Idee einer Therapie anfreunden kann, kannst du versuchen, sie auf verschiedene Weise zu unterstützen. Zum Beispiel kannst du anbieten, zum ersten Termin mitzukommen, eine Liste mit Therapiemöglichkeiten zusammenstellen, aus der sie auswählen kann, oder während einer Sitzung draußen zu warten. Es ist allerdings auch wichtig, nicht zu viel Druck aufzubauen. Jeder Mensch hat sein eigenes Tempo und die Suche nach der richtigen Therapie ist ein langer Prozess.
Die richtigen Worte finden
Der Person zu sagen, dass du da bist, wenn sie dich braucht, wird auch nicht immer helfen. Menschen mit Depressionen fällt es oft schwer, von sich aus jemanden zu kontaktieren. Stattdessen solltest du versuchen, Einfühlungsvermögen zu zeigen. Melde dich regelmäßig bei der Person, frag sie, was sie denkt, und erinnere sie daran, dass es nicht ihre Schuld ist und dass eine bessere Zukunft möglich ist. Du kannst auch nachfragen, ob du irgendetwas für sie tun kannst – auch in praktischer Hinsicht wie Aufräumen oder Einkaufen. Jeder Mensch hat andere Bedürfnisse. Manche brauchen ihren Freiraum, andere mögen Körperkontakt, wieder andere brauchen ein bisschen von beidem. Ein Anruf, um einfach mal vorbeizuschauen, sich im selben Raum aufhalten, auch ohne sich zu unterhalten, die andere Person wissen lassen, dass ihr Schmerz verstanden wird – das alles sind kleine Gesten, die hilfreich sein können.
In solchen Augenblicken ist es wichtig, dass du dich auch um dich selbst kümmerst.
Kraft sammeln und sich selbst schützen
Einer depressiven Person nahezustehen, ist ein schwieriger Balanceakt. Vielleicht wirst du von Gefühlen der Hilflosigkeit und Traurigkeit übermannt. Vielleicht greift sie dich verbal an und zielt auf deine Schwachpunkte ab – denk aber daran, dass dabei nicht wirklich die Person selbst spricht, sondern die depressive Störung. Es ist jedenfalls vollkommen legitim, sich manchmal erschöpft zu fühlen. In solchen Augenblicken ist es wichtig, dass du dich auch um dich selbst kümmerst. Auftanken, ins Fitnessstudio gehen, sich Freiraum nehmen, für eine Weile Abstand gewinnen – das sind grundlegende Dinge. Und das bedeutet nicht, dass du egoistisch bist oder die Person im Stich lässt. Es hilft dir nur dabei, ihr besser zu helfen. Du leidest an Depressionen oder sorgst dich um einen nahestehenden Menschen? Die Nummer der Telefonseelsorge in Deutschland ist 0800 111 0 111. In dieser Liste sind bundesweite Anlaufstellen für Menschen mit Depressionen aufgeführt.